Höxter (TKu). Am kommenden Freitag, den 19. September 2025, jährt sich das Explosionsunglück von Höxter zum 20. Mal. Drei Menschen starben, mehr als 40 wurden verletzt, einige davon schwer, dutzende Häuser schwer beschädigt. Es war die größte Katastrophe, die die Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg heimgesucht hat. Im Feuerwehr-Archiv in Höxter existiert noch ein stummer Zeitzeuge, ein dickes historisches Buch, das die Feuerwehr auf dem Marktplatz gefunden hat, wo es nach mehr als hundert Metern Flug gelandet ist. Das zerfetzte Buch, in dem sich noch immer einige Glassplitter befinden, bewahrt Feuerwehr-Archivar Thomas Kube im Feuerwehr-Archiv auf, um diesen Zeitzeugen auch für die kommenden Generationen zu bewahren, das an das schreckliche Unglück von vor 20 Jahren erinnert. Und so schildert Hauptbrandmeister Thomas Kube das Unglück, bei dem er selbst Hilfe leisten musste als Feuerwehrmann: Der Morgen des 19. Septembers 2005 begann unscheinbar. Gegen 9.15 Uhr öffneten die ersten Geschäfte der Innenstadt. Nur wenige Minuten später, um 9.16 Uhr, erschütterte ein ohrenbetäubender Knall die Stadt. Die Druckwelle war bis in Nachbarorte zu hören. Fensterscheiben zerbarsten, Dächer wurden beschädigt. „Plötzlich flogen Gegenstände durch die Luft, es war, als hätte die Erde gebebt“, schildert es auch ein damaliger Augenzeuge. Ein Rettungswagen befand sich zufällig in der Nähe. Die Besatzung eilte sofort los. „Menschen kamen uns blutend und schreiend entgegen, andere standen wie erstarrt in den zertrümmerten Fenstern“, erinnert sich ein Rettungsassistent. Mehr als 40 Verletzte wurden gezählt, viele mit Schnittwunden und Schock. Drei Menschen starben sofort, andere erlitten schwere Verletzungen. Verletzte suchten in Panik Arztpraxen auf. Hunderte Notrufe gingen in den Leitstellen ein.
Am Unglücksort bot sich ein Bild der Verwüstung. Das Wohnhaus in der Weserstraße 11 war völlig zerstört, nur noch ein brennender Trümmerhaufen blieb. Einsatzleiter Stefan Dickel, damaliger Leiter der Feuerwehr in Höxter, übernahm nach einer Großalarmierung die Leitung. „Es sah aus wie auf den Bildern vom 11. September“, sagte er später. 35 Häuser in einem Umkreis von über 200 Metern wurden beschädigt, darunter das Küsterhaus mit dem Standesamt, eine historische Fachwerkzeile mit Redaktions- und Radiostudio sowie das benachbarte Rathaus. Auch Autos wurden von Trümmern getroffen. Ein Wohn- und Geschäftsgebäude galt zeitweise als einsturzgefährdet. Feuerwehr, THW, Bundeswehr und Hilfsorganisationen kämpften gegen Flammen, suchten nach Verschütteten und leisteten Erste Hilfe. Auf dem Marktplatz wurden Verletzte notversorgt. Sechs Hubschrauber waren im Einsatz, ebenso Spezialeinheiten der Polizei. Trotz geringer Hoffnung durchkämmten Rettungshunde die Trümmer. Zwei Fußgänger, eine 81-jährige Frau und ein 79-jähriger Mann, konnten nur noch tot geborgen werden. Fünf Tage dauerte der Einsatz der Helfer. Die Ermittlungen ergaben ein grausames Bild: Der einzige Bewohner hatte das Haus selbst in Brand gesetzt. Eine Nachbarin hatte kurz vor der Explosion beobachtet, wie er das Gebäude mit Benzin übergoss. In einem Bekennerschreiben rechtfertigte er die Tat mit einem Erbstreit. Laut Staatsanwaltschaft drehte er den Gashahn auf und verteilte rund 900 Liter Benzin, bevor er das Feuer zündete. Schon frühere Gasexplosionen, 1967 und 1979, hatten Höxter erschüttert. Doch das Ausmaß von 2005 war ungleich größer und bleibt bis heute unvergessen.
Fotos: Thomas Kube