Lütmarsen (TKu). Lost Place: Heute ist dieser Ort keine Oase mehr! Vor 45 Jahren war der Name „Oase“ jedoch Programm in unserem Lost Place an der L755 in Lütmarsen. Wir haben recherchiert was es mit diesem im „wahrsten Sinne“ nicht ganz ansehnlichen Gebäude auf sich hat und nach dessen Geschichte gefragt, denn die meisten Höxteraner kennen es. Die Oase wurde als renommierte Tanzbar Anfang der 1970er Jahre von einem gebürtigen Bosseborner, der zuvor mit seinem Sohn einen Gaststättenbetrieb in Lügde unterhalten hatte, am Ortseingang von Lütmarsen etabliert. Vor der Umfunktionierung zur Gaststätte und Tanzbar „Oase“ war das Gebäude ein einfaches landwirtschaftliches Wohngebäude. Die Oase sei laut Lütmarser Zeitzeugen in den ersten Jahren ein renommierter Nachtclub mit Tanzbar gewesen. Wenn die Tanzbar geöffnet hatte, sollen die Fahrzeuge an der Landstraße L755 in Richtung Ovenhausen bis zu den Fischteichen gestanden haben, um dort zu parken. Es gab kaum Parkplätze direkt am Gebäude und der Club war sehr beliebt, wie es heißt. Verkehrsstaus waren an den Wochenenden an der Tagesordnung.
Ein Lütmarser Zeitzeuge, der als Jugendlicher selbst die Tanzbar besucht hatte, beschreibt die Atmosphäre im ehemaligen Nachtclub so: „Es hatte schon etwas mystisches. Es war ein dunkler Schuppen mit dunklen Wänden, die mit Bildern wie Palmen und ähnlichem verziert waren und von Neonlicht angestrahlt wurden. Im Erdgeschoss befand sich die Tanzbar sowie zwei kleine Toiletten. Es ist damals etwas besonderes gewesen, wenn man dort als Jugendlicher sein durfte“, führte der Zeitzeuge aus. In ihren ersten Jahren als Musiksternchen hatte die deutsche Sängerin Juliane Werding (heute 65) Anfang der 1970er Jahre auch einen Auftritt in der Oase in Lütmarsen. Ihre Lieder wie „Am Tag als Conny Kramer starb“ von 1972, waren melancholisch und düster. Als sie in der Oase ihre Lieder zum Besten gab, soll sie dabei in Lütmarsen nicht gut angekommen sein. Sie soll sogar ausgepfiffen worden sein von den Gästen, weil sie schief gesungen hätte, heißt es von einem Zeitzeugen aus Lütmarsen. Sänger Reinhard Mey gehörte auch zu den Künstlern, die dort gesungen hatte.
Als Gastwirt S. in der ersten Hälfte der 1970er Jahre verstarb, übernahm sein Sohn den Betrieb. Mit dem neuen Betreiber kamen in den darauffolgenden Jahren auch die Probleme, die zum Untergang der Oase geführt haben. Das positive Image der Tanzbar rutschte ab ins Negative. Vermutlich aus Geldnot hat der neue Betreiber die obere Etage des zweistöckigen Gebäudes an Prostituierte vermietet. Zwei bis drei Damen sollen dort ihr Geschäft verrichtet haben - aber nicht offiziell. Deshalb wird das Gebäude noch heute als „ehemaliger Puff“ bezeichnet, ein Begriff, der jüngeren Menschen auch heute noch geläufig ist. Der damals noch junge Lütmarser Zeitzeuge erinnert sich noch gut, dass sich ältere Männer mit „dicker Geldbörse“ gerne heimlich nach oben geschlichen haben zu den Prostituierten. Die mehrfache Verletzung des Jugendschutzgesetzes, die Prostitution und auch der Konsum von Drogen haben den Ruf innerhalb der Bevölkerung noch weiter ins Negative abrutschen lassen. Die Polizei sei damals öfters dagewesen, heißt es. Ein Betrunkener Jäger hatte in einer durchzechten Nacht außerdem mehrere Schüsse vor der Tanzbar abgegeben. Die Polizei kam und es gab sogar eine Gerichtsverhandlung. Der Name veränderte sich mit den Jahren, der schlechte Ruf blieb. Von „Oase“ wandelte sich der Name zu „Club Savoy“ und zu „Bellami“. Betreiber S., der das Gebäude nur gepachtet hatte, gab den Betrieb Ende der 1980er Jahre auf und verließ die Region mit seiner aus Holland stammenden Ehefrau in Richtung Paderborn.
Am 10. Mai 1994 kam es zu einem Brandereignis: Das Feuer war laut Feuerwehr im hinteren Bereich des Clubs ausgebrochen, wo sich ein Wohnwagen und ein Holzstapel befand. Das Feuer sprang auf den ehemaligen Club über, das Gebäude konnte aber gerettet werden. Zu dem Zeitpunkt war der Nachtclub schon einige Jahre nicht mehr in Betrieb. Ein Feuerwehrmann, der an diesem Tag mit gelöscht hatte, scherzte dazu: „Man sagt sich, das haben die geprellten Ehefrauen angezündet!“ Wahrscheinlich ist das ein Mythos, doch die Brandursache konnte nicht eindeutig festgestellt werden. Das inzwischen baufällige Gebäude nebst angrenzenden Grundstück gehört heute einem Schrotthändler aus Kassel, der aber nicht auffindbar sein soll, wie es im Ortsausschuss Lütmarsen hieß. Im Gebäude liegt alles mit Müll voll. Weil von dem maroden Bau inzwischen eine Gefahr ausgeht, soll ein Bauzaun um den „Lütmarser Schandfleck“ gezogen werden. Die Bürgerinnen und Bürger von Lütmarsen würden sich freuen, wenn das Gebäude spätestens bis zur Landesgartenschau abgerissen werden könnte.
Fotos: Thomas Kube