Höxter-Corvey (TKu). Noch etwa eine Woche ist es bis zum Start des Via Nova Kunstfestes Corvey am 26. August. Das Publikum darf sich auf ein reichhaltiges und aufregendes Programm freuen, die letzten Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Der Ticketverkauf (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! / 05231 570150) ist in vollem Gang und die noch freien Plätze nehmen zusehends ab. Wer kommen möchte, sollte sich rechtzeitig Plätze sichern. Im Schloss Corvey herrscht seit Wochen Aufregung, um alles bestens vorzubereiten, heißt es vom Veranstalter. So steht doch neben dem Kunstfest ein besonderes Jubiläum ins Haus: die Gründung des Klosters Corvey vor 1200 Jahren. Die inzwischen über ganz Europa verstreuten alten Handschriften und Folianten der ehemaligen Bibliothek und des Skriptoriums, den geistigen Zentren des Corveyer Klosters, müssen nicht entstaubt werden. Viele bleiben aktuell wie der Kommentar vom Corveyer Abt Bovo II zu Boethius‘ „Trost der Philosophie“, der noch heute Orientierung gibt und Trost spendet. Boethius’ Werk zählt zu den bemerkenswertesten Schriften in der ausgehenden Spätantike.

Höchst aktuell wird die Festrede des schottischen Dichters, Romanciers und Essyisten John Burnside am Eröffnungstag sein. Unsere Zeiten verlangen nach neuen Wegen im Denken und Handeln - Burnside überlegt, wie diese aussehen könnten. Boethius Weisheit, dass die Liebe das „Band der Dinge“ ist, übersetzt Burnside in unsere heutige Zeit. Seine Festrede wiederum übersetzt derzeit Iain Galbraith für die Besucher ins Deutsche. Warum Boethius überhaupt einer der meistgelesenen Autoren der Spätantike war und auch für christliche Denker Maßstäbe setzte, kommentiert anschliessend der Philosoph und Gräzist Christian Vogel. Zu einem weiteren Höhepunkt des Eröffnungswochenendes wird der erste Freitagabend, wenn die Schauspielerin Birgit Minichmayr Auszüge aus Boethius „Trost der Philosophie“ lesen wird. Wie der Text Menschlichkeit gegen Drangsal und Not setzt, ist im Original zu hören. Wie bestärkend und tröstend wiederum Musik auf den Menschen wirkt, kann man beim Konzert der brillianten Ínterpreten Sabine Meyer (Klarinette), Rainer Wehle (Bassetthorn) und dem Armida Streichquartett spüren. Sie spielen kongenial zu Boethius Mozart, dessen Musik man nachsagt, beglückend und beruhigend auf den Menschen zu wirken.

In den Klöstern Bursfelde und Lippoldsberg erklingt am Samstagvormittag „Himmelsmusik“. Das renommierte Ensemble L’Arpeggiata der Theorbespielerin Christina Pluhar spielt, verstärkt durch die Sopranistin Céline Scheen und den Countertenor Kacper Szelazek, Sakralmusik des 17. Jahrhunderts. Dazu liest die Schauspielerin Sibylle Canonica eine berührende Erzählung der englischen Autorin A. L. Kennedy über ein trotz Krieg und Zerstörung glückendes Leben in Freundschaft, Liebe und Achtung. Vom norwegischen Dichter und Dramatiker Jon Fosse stammt die Zeile: „so still kann es sein, wie eine gnade, die wir atmen können“. Texte von ihm und dem französischen Kultautor Alain-Fournier lesen am Abend im Dialog die Schauspieler Fritzi Haberlandt und Hans Löw, begleitet vom Cellisten Steven Isserlis und der Pianistin Connie Shih. „Ich habe gestern das Programm bekommen und mich so über die Musikauswahl bei unserer Lesung gefreut!! Ich liiiiiiiiieeeeebe dieses Schumann Violinkonzert!! Der 3. Satz gehört zu meinen drei liebsten Musikstücken überhaupt.“ Fritzi Haberlandt „Gerade habe ich den Meaulness von Alain-Fournier in Romanlänge beendet und bin schon auf unsere Fassung gespannt.“ Die Dichter William Butler Yeats und Seamus Heaney, geprägt von Sagen und Mythen ihrer irischen Herkunft, schrieben vom Glück zu gewinnender Freiheit und Demokratie. „Das Ende von Kunst ist Frieden“, schreibt Heaney in seinem Gedicht „Die Ernteschleife“. Tradition und Moderne schliessen sich für beide nicht aus, die heutige Zeit ist für sie ein Echoraum vergangener Epochen. Die Schauspieler Wolfram Koch und Albrecht Schuch lesen aus den Geheimnissen der Altvorderen in einer Sonntagsmatinee. Korrespondierend dazu interpretieren das Ricercar Consort und die Sopranistin Maria Keohane die selten zu hörenden Irischen Lieder von Beethoven. „Yeats Gedichte habe ich schon mal für ein Hörbuch eingelesen. Die sind toll.“ „Die Begleitung der ausgewählten Beethoven-Lieder hat Philippe Pierlot neu gesetzt. Und zwar für Instrumente, die im Klang der Tradition irischer Volksmusik näherkommen. Die irisch-schwedische Sopranistin Maria Keohane singt frisch wie ein Bergquell.“ 

Der Ausblick auf das zweite Wochenende: Jazz thing, das auflagenstärkste Jazzperiodikum im deutschsprachigen Raum, verwies bereits online auf eine besondere Uraufführung, die Literarisch-musikalische Soiree (https://www.jazzthing.de/news/2022-8-2-premiere-das-schmetterlingstal-ein-requiem/) am 9. September um 20 Uhr: Die beiden Komponisten und Instrumentalisten Thomas Kürstner und Sebastian Vogel liessen sich vom großartigen Langgedicht „Das Schmetterlingstal“ der dänischen Dichterin Inger Christensen zu einem Requiem inspirieren. Mit: Hannah Weiss (Gesang), Jenny Schily (Sprecherin), Sebastian Vogel (Violine, Viola, Elektronik) und Thomas Kürstner (elektronisch gesteuerter Piano-Resonanzkörper, Vibraphon, Perkussion).

Foto: Veranstalter