Höxter (TKu). Auf einen Kaffee mit...sechs ehemaligen Rekruten der Bundeswehr, die vor genau 60 Jahren in Höxter ihren Wehrdienst versehen haben und nun für einen Besuch nach Höxter zurückgekehrt sind. Sie sind vor genau 60 Jahren in Höxter zusammen geschweist worden und nennen sich „Recken“. Bis heute sind sie zusammengeblieben. „Recke“ bedeutet übersetzt so viel wie Krieger oder Kämpfer. Ihr 60. Treffen haben die ehemaligen Grenadiere nach genau sechs Jahrzehnten in diesem Jahr wieder in Höxter abgehalten, dort, wo für sie alles begann. Die sechs „Recken“ haben sich während des Wehrdienstes in Höxter 1958/1959 kennengelernt. Sie treffen sich seit Anfang der 60er Jahre regelmäßig einmal im Jahr oder mindestens alle fünf Jahre sogar zu gemeinsamen Urlauben mit der Familie, die sie schon in ganz Europa abgehalten haben.

Während ihrem jüngsten Treffen in Höxter haben die sechs Freunde die Erinnerungen an ihre Bundeswehrzeit wieder aufleben lassen, bei einem Besuch der General-Weber-Kaserne. Mit dabei waren ihre Lebenspartnerinnen und Ehefrauen auf der Reise in die Vergangenheit. In der anschließenden zivilen Zeit haben die studierten Kameraden sich seit 1959 nicht mehr aus den Augen verloren. Die „Recken“, das sind Wilhelm Grote (Gymnasiallehrer in Kassel), Prof. Dr. Josef Kopperschmidt (Warburg), Dr. Hubert Legge aus Peckelsheim (Physiker der Bundesanstalt in Göttingen), Bernd Scheideler aus Warburg (Berufsoffizier der Bundeswehr), Gerd Sievers aus Herford (Berufschullehrer) sowie Bernd Stoyke aus Detmold (Familienrichter in Bad Oeynhausen). Die mittlerweile 81-Jährigen besuchten Höxter, um ihre 60. Zusammenkunft zu feiern. Mit Ausnahme von 1965 kamen sie nach der Bundeswehrzeit in jedem Jahr zusammen. Oberstleutnant Markus Groß hat die elfköpfige Gruppe über das Kasernengelände geführt.

Bei Bernd Stoyke werden viele Erinnerungen an damals wieder wach. „Schön, das hier alles sehr gepflegt ist“, meint Stoyke. Oberstleutnant Groß erklärt, dass die noch bestehenden Kompaniegebäude aus den 30er Jahren nicht mehr zeitgemäß sind und in den nächsten Jahren abgerissen und durch neue Kompaniegebäude ersetzt werden sollen. Der Bundeswehroffizier erklärt, wie heutzutage der Dienst in der Kaserne abläuft. Vieles war damals anders, berichten die „Recken“. Sie wurden als Grenadiere eingezogen und haben von April 1958 bis September 1959 ihren Dienst in Höxter versehen. Die Recken erzählen: „Ende der 50er Jahre ist in Höxter noch das Grenadierbataillon 41 stationiert gewesen. Heute versieht das ABC-Abwehrbatallion 7 seinen Dienst in der General-Weber-Kaserne“. Es sei eine aufregende Bundeswehrzeit gewesen, die mit Heute nicht zu vergleichen sei. Sie haben Fotos von damals dabei und stellen sogar ein altes Foto nach. Bernd Stoyke und Josef Kopperschmidt stehen nach genau sechs Jahrzehnten wieder an der Stelle, wo sie einst als Wache gestanden haben. Heute gibt es „Zwei-Mann-Zimmer“, erklärt Oberstleutnant Markus Groß. Früher waren sie mit acht Personen in einem Zimmer untergebracht. Das hat sie jedoch zusammengeschweißt - bis heute. Sie berichten von gemeinsamen Weihnachtstagen und Silvesterfeiern auf der Stube. Anders als heute mussten die Soldaten während der Feiertage in der Ausbildungszeit in der Kaserne verweilen. Frauen gab es bei der Bundeswehr noch nicht. Heute beträgt die Frauenquote in der General-Weber-Kaserne etwa 10%, erklärt Markus Groß. Die Recken erinnern sich noch gut an damals und erzählen davon: „Am 16. April 1958 hatten wir uns mit mehr als 100 anderen jungen Männer aus Ostwestfalen-Lippe aufgemacht, um unseren Wehrdienst in Höxter anzutreten. Am Bahnhof in Höxter standen etliche „MAN-3-Lastkraftwagen“ bereit, um uns zur General-Weber-Kaserne in der Brenkhäuser Straße 28 zu transportieren. Wir Rekruten bildeten fortan die 2. Kompanie unter Leitung von Hauptmann Pinnow, der wie alle damaligen Offiziere bereits in der Wehrmacht gedient hatte. In unserem Kasernengebäude gab es einen Aufenthaltsraum, in dem ein Fernsehgerät stand. Bei der Weltmeisterschaft 1958 war der Raum während der Übertragung der Fußballspiele stets überfüllt“. Die Grundausbildung fand in den ersten drei Monaten, dem 2. Quartal des Jahres 1958, statt. Beim theoretischem Politikunterricht schliefen etliche Soldaten regelmäßig ein, berichtet Gerd Sievers. „Sofern es nicht zu einer 36 Stunden-Übung in die Senne ging, spielten sich Geländeübungen vornehmlich in der Lüchtringer Heide im Solling oder auf dem nahe gelegenen Bielenberg ab. Die wohl anstrengendste Übung war ein Eilmarsch mit Gasmaske auf den damals noch weitgehend unbesiedelten Bielenberg. Nach Ankunft auf der Höhe lagen wir auch nach Abnahme der Gasmasken längere Zeit total erschöpft auf dem Boden. Selbst die Landser mit der größten Klappe brachten keinen Pieps mehr von sich“, erinnert sich Gerd Sievers.

Er erinnert sich auch an einen Marsch über den Gipfel des Köterberges, bei dem sogar Gruppenführer schlapp machten. Eine Kontrolle bei einem Marsch ergab, dass im Rucksack nur ein leerer Karton steckte. Das allgemeine Gelächter führte dazu, dass von einer Bestrafung des Rekruten abgesehen wurde. Nach einer verregneten Nachtübung im Solling war die Gruppe mit verdreckter Kleidung zurückgekehrt. Weil vergessen worden ist, das Schuhwerk zu putzen und auch so angetreten wurde, gab es Ärger. Eine Spind-Inspektion fiel ebenfalls nicht zur Zufriedenheit der Vorgesetzten aus, weshalb sie die Stube der Recken verwüstet haben. Das sei eine reine Schikane gewesen, erklärt Gerd Sievers. Die Spinde wurden geleert, die Tische abgeräumt, Bettzeug abgerissen, die Matratzen umgedreht und der Urlaub sollte gestrichen werden, der ohnehin nur von Samstagmittag bis Sonntag 22 Uhr gewährt worden wäre. „Wir machten Fotos von dem Geschehen und nahmen es letzten Endes mit Humor“, meint Sievers. Höxter mit seiner reizvollen Landschaft an der Weser ist den „Recken“ immer in guter Erinnerung geblieben. Die Freizeit in ihrer Bundeswehrzeit war allerdings karg bemessen, da um 22 Uhr Zapfenstreich war. Sie wurde auf der Stube lesend, Skat spielend und Bier trinkend verbracht oder zu kleineren Ausflügen in die Stadt in die eine oder andere Kneipe oder zum Kinobesuch genutzt. Damals gab es in Höxter noch vier Kinos, sagt Sievers. Bevor die „Recken“ Höxter verließen, tauschten sie ihre Adressen aus. Die Folge: Bereits im Oktober 1959 sahen sich alle auf Einladung von Josef Kopperschmidt in Warburg wieder. Viele Treffen, auch anlässlich von Hochzeiten und runden Geburtstagen, sollten folgen.

Fotos/Repros: Thomas Kube